Auf dieser Seite teile ich meine Erfahrungen mit dem Cochlea-Implantat. Wenn du selbst über ein Cochlea-Implantat nachdenkst oder jemanden kennst, der betroffen ist, könnte dir dieser Bericht weiterhelfen. Ich möchte schon im Voraus sagen, dass der Text lang ist und ich ihn möglicherweise noch ergänzen werde.
Im Juli 2023 habe ich schriftlich bei der HNK-Klinik (UKSH Kiel) angefragt, ob eine Beratung zum Cochlea-Implantat möglich sei. Daraufhin erhielt ich einen Termin für den 23. Januar 2024 um 8:00 Uhr.
An diesem Tag stand meine erste Voruntersuchung an. Zuerst meldete ich mich im Haus B1 im Untergeschoss bei der Patientenaufnahme an und wurde anschließend zur HNO-Ambulanz weitergeleitet, wo ich meine Unterlagen abgab. Dort untersuchte eine Ärztin meine Ohren und reinigte sie. Danach führte ich in der Audiologie mehrere Hörtests durch, sowohl ohne als auch mit Hörgeräten (u.a. den Freiburger Sprachtest).
Mir wurde mitgeteilt, dass ich einen zweiten Termin für die letzte Voruntersuchung vereinbaren soll, nachdem ich die Ergebnisse von MRT und CT sowie die notwendigen Impfungen (Grippe, Pneumokokken, Tetanus) vorgelegt habe. Obwohl ein CT nicht mehr zwingend erforderlich war, ließ ich es freiwillig durchführen, um den Prozess zu beschleunigen. Leider muss man in Kliniken oft mit langen Wartezeiten auf neue Termine rechnen.
Am 30. April 2024 um 09:20 Uhr hatte ich meinen zweiten Termin für die letzten Voruntersuchungen. Dort sprachen Mitarbeiter der Logopädie mit mir über den Ablauf der Vor- und Nachsorge. Anschließend wurde ich von einem Techniker über die drei Cochlea-Implantat-Hersteller (Cochlear, MED-EL und Advanced Bionics) informiert.
Da ich mich bereits intensiv mit den technischen Details der Implantate auseinandergesetzt hatte, war meine Entscheidung klar: Ich wählte Advanced Bionics. Ein Hauptgrund war, dass MED-EL noch auf veraltete Technologien setzte, wie z.B. eine Hals-Schlinge für die Bluetooth-Verbindung zu TV und Handy. Cochlear und Advanced Bionics bieten hingegen eine direkte Bluetooth-Verbindung ohne zusätzliches Zubehör.
Ein weiteres Kriterium war die Optik. Ich bevorzugte das matte Design von Advanced Bionics, während Cochlear glänzende Geräte anbietet. Zudem war ich als ehemaliger Phonak-Hörgeräte-Träger mit der App von Advanced Bionics bereits vertraut, da sie dieselbe App verwenden. Am Ende war es eine reine Geschmackssache, da alle Hersteller hochwertige Implantate anbieten. Abschließend übergab ich noch meine MRT- und CT-Befunde, und mein Impfausweis wurde kopiert.
Kurze Zeit später erhielt ich einen Anruf mit den beiden letzten Terminen: dem Narkosegespräch und dem OP-Termin. Mein Narkosegespräch fand am 11. September 2024 um 10:00 Uhr statt und die OP war für Freitag, den 13. September 2024, angesetzt.
Am Tag des Narkosegesprächs meldete ich mich erneut bei der Patientenaufnahme an. Nach der Abgabe der Narkoseunterlagen wurden mir Blut abgenommen und ein EKG durchgeführt. Anschließend fand im Haus C das Narkosegespräch statt. Zudem wurde ein Gleichgewichtstest durchgeführt: Dabei lag ich auf einer Liege, und meine Ohren wurden abwechselnd mit warmem und kaltem Wasser gespült. Danach wurden meine Augen mit einer Brille geschlossen, um festzustellen, ob Schwindel auftrat. Zuletzt gab es ein Aufklärungsgespräch über mögliche Risiken und Nebenwirkungen der Operation.
Am 13. September 2024 musste ich um 7:00 Uhr auf der HNO-Station anwesend sein. Gegen 9:00 Uhr wurde ich in ein Patientenzimmer gebracht und bekam ein OP-Hemd, eine OP-Mütze sowie eine Netzhose. Zur Beruhigung trank ich einen Saft, da ich ungern Tabletten schlucke.Um 9:23 Uhr begann Dr. Brademann mit der OP am linken Ohr und setzte das Implantat von Advanced Bionics ein. Ich wachte um 13:30 Uhr im Aufwachraum auf, hatte keine Schmerzen oder Schwindel – nur Müdigkeit. Dr. Brademann kam kurz vorbei und bestätigte, dass die OP gut verlaufen sei und nur 1,5 Stunden gedauert habe. Danach wurde ich in ein Patientenzimmer verlegt.
Die Verpflegung im Krankenhaus war sehr gut, und die Ärzte kümmerten sich aufmerksam um die Patienten. Einzig die Krankenhausbetten waren unbequem, was mir nach zwei Tagen Liegen Rückenschmerzen bereitete. Überrascht wurde ich bereits am Montag, den 16. September 2024 um 10:30 Uhr entlassen.
Kurz vor der Entlassung musste ich noch ein DVT (Digitales Volumentomogramm) machen lassen, bei dem ich meine Hörschnecke mit der eingesetzten Elektrode auf dem Bild sehen konnte. Insgesamt wurde ich nach nur drei Tagen entlassen, was ich als recht schnell empfand.
Am 14. Oktober 2024 wurde mein Cochlea-Implantat zum ersten Mal aktiviert. Ich muss ehrlich sagen, dass ich bei der Erstanpassung enttäuscht und angespannt war. Die ersten Töne konnte ich überhaupt nicht hören, was in mir die Sorge auslöste, dass mein Implantat oder die Hörnerven nicht richtig funktionieren könnten. Erst als die Audiologin die Lautstärke erhöhte, nahm ich etwas wahr – allerdings keine Töne, sondern ein Klopfen, das anfangs sogar unangenehm war.
Mit den nächsten Anpassungen hörte ich dann endlich Töne, vor allem hohe Frequenzen. Nach der Sitzung war ich überrascht, welche Geräusche ich wahrnehmen konnte: das Abstellen von Flaschen auf dem Tisch, das Öffnen von Flaschendeckeln, das Rascheln von Schlüsseln, Fußtritte und sogar das Tippen auf der Tastatur. Dennoch klang alles sehr hoch und piepsig. Gespräche waren für mich zu Beginn kaum zu verstehen und ähnelten eher einem Brummen oder Klopfen.
Erst ab dem zweiten Tag konnte ich in der Logopädie erste Worte wie "blau" und "Geburtstag" erkennen. Was recht gut funktionierte, war die Unterscheidung von Wortpaaren wie "laben" und "lieben". Ein weiterer Anpassungsschritt betraf die Magnetstärke: Die ursprüngliche Stärke 3 empfand ich als unangenehm, sodass ich auf Stärke 2 wechselte. Seitdem sitzt die Spule viel angenehmer.
Mit meinem Cochlea-Implantat kann ich zwischen vier Hörprogrammen wechseln:
Eine Sache hat mich besonders erstaunt: Aus einer Entfernung von 20 Metern hörte ich plötzlich Geräusche, die ich zunächst dem Raum nebenan zugeordnet hatte. Es stellte sich heraus, dass es sich um das Klappern eines Containers handelte, in dem Dachpfannen abgelegt wurden.Am fünften Tag war ich schließlich zum ersten Mal richtig zufrieden und froh über meine Entscheidung für die Operation. Beim Abschlussgespräch zeigten sich sowohl die Audiologen als auch der Abteilungsleiter überrascht von meinen Fortschritten. Nach mehr als 30 Jahren des "Nicht-Hörens" erreichte ich am fünften Tag mit dem Implantat bereits ein Sprachverständnis von 60 % bei Zahlen und 90 % bei Wörtern. Angesichts meiner Hörbiografie war das ein bemerkenswertes Ergebnis. Die Hörreise ist für mich hier noch lange nicht beendet..